Venezianische Orgelmusik
Barockes Lebensgefühl durch Luca Sartore
Unter dem Motto „Venezianische Orgelmusik“ begrüßten Pfarrer Wernher Bien und Carsten Schwantes im Pfarrzentrum St. Severin zu einem fulminanten Konzert auf der Oberlinger Jubiläumsorgel mit Luca Sartore aus Venetien. Es mutete als ein schieres Wunder an - auf jeden Fall als ein großes Glück für die Zuhörer -, dass dieser Künstler gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin den weiten Weg von seiner Heimat in Italien bis nach Ainring auf sich nahm und mit seiner Musik so viel Freude bereitete. Schwantes brachte in seiner ansprechenden Moderation durch viele interessante Details zum Leben der teils unbekannten Komponisten die Musik aus biographischer Sicht nahe.
Venezianische Orgelmusik aus vier Jahrhunderten im PZ St. Severin
Bereits mit den fünf Sätzen des Concerto grosso Nr. 9 op. VI von Arcangelo Corelli zog Luca Sartore alle Register seines Könnens und zeigte mit dem kreativen Einsatz der verschiedenen Registerzüge der Orgel nicht nur deren Klangvielfalt, sondern auch mit unterschiedlichen Spielweisen auf den beiden Manualen, welch emotional-musikalische Atmosphäre mit dem Instrument geschaffen werden kann.
Antonio Vivaldi ist für seine virtuosen Kompositionen bekannt. In den Ecksätzen seines Concerto in F-Dur bewies Sartore seine technischen, wie auch musikalischen Fähigkeiten und ließ im Mittelsatz mit der Bezeichnung Largo den Ausdruck der Musik spannungssteigernd sprechen. Die Werke des Programms hatten alle einen Bezug zur Lagunenstadt, aber auch zur hiesigen Region, zum Beispiel durch die, als Sohn eines Österreichers biographische Verbindung des Komponisten Ignazio Spergher (1734-1808) zum Salzburger Land. Dessen Sonata in B-Dur war aussagekräftig gestaltet und reizvoll anzuhören. Auch Gaetano Valerj (1760-1822) weist einen Bezug zum nahen Salzburg auf: Sein Lehrer Ferdinando Bertoni war mit Wolfgang Amadeus Mozart bekannt, so Carsten Schwantes in seiner Moderation. Es verwundert daher nicht, dass seine Sonata V in B-Dur, sowie seine Sonate VI in A-Dur von der Wiener Klassik geprägt sind. Letztere glänzt durch etliche Variationen über ein Thema, deren Abwechslung in der Komposition - durch rhythmische, dynamische oder Tempoveränderung, durch Füllnoten, Punktierung oder Auflösung von Akkorden - Luca Sartore kreativ durch die die geeignete Registerwahl unterstrich. Auch Niccolò Morettis (1764-1821) Kompositionen weisen Einflüsse zur Musik von Mozart und Haydn auf, was Luca Sartore mit dem Allegro aus dessen Sonata I in C-moll aufzeigte.
Diese Komponisten waren zu ihrer Zeit führende Persönlichkeiten, sind jedoch heute selten im Konzertsaal oder in der Kirche zu hören. Dennoch stehen ihre Kompositionen denen der Komponisten, die in aller Munde sind, in nichts nach - zum Beispiel das Fugato von Antonio Gaetano Pampani (1705-1775) mit seiner kontrapunktischen Anlage mit Engführung der zweiten Stimme, bei der sogar die Füße im Bass eine kontrapunktische Melodie spielen. Bei der Pastorale in F-Dur von Giuseppe Aleotti durfte ein Kind aus dem Publikum einen lang ausgehaltenen Bordun-Basston spielen, was Monika Emans sehr gut meisterte.
Zwischen Barock und Romantik bewegt sich Vincenzo Petrali (1830-1889) musikalisch. Seine „Sonate für die Kommunion“ in G-Dur weist einen kompositorischen Gegensatz auf: Der Mittelteil im klassisch-barocken Stil wird von zwei romantischen Teilen eingerahmt, die an den Belcanto-Stil des 19. Jahrhunderts erinnern. Die musikalische Reise Sartoris endete im 20. Jahrhundert mit Fernando Germani (1906-1968) und seiner „Cantata per Venezia“. Mit einer virtuosen Zugabe ging ein prachtvolles Konzert mit dem Organisten Luca Sartore zu Ende, für das sich die Zuhörer mit herzlichem Applaus bedankten.
Text und Bilder: Brigitte Janoschka