Gedanken zum 4. Fastensonntag
In der Geschichte Israels war ganz schön was los.
Die beiden Bücher der Chronik erzählen aus der Geschichte Israels. Das 1. Buch der Chronik beginnt mit Geschlechter- und Familienlisten, den Anfang macht dabei Adam. Und das 2. Buch der Chronik endet mit dem Abschnitt, den wir heute gehört haben.
In diesen beiden Büchern geht es aber nicht um die genaue Historie, sondern um Geschehnisse und ihre theologische Deutung: Was will uns Gott damit sagen??
Ereignisse aus der Geschichte Israels werden im Rückblick betrachtet und bewertet.
Die heutige Lesung berichtet von dramatischen Ereignissen.
Die führenden Männer in Juda machten es wie der König, sie verhöhnten Gottes Wort und verspotteten die Propheten. Die Warnungen Gottes durch seine Boten schlugen sie in den Wind.
In dieser Zeit eroberte König Nebukadnezzar Krieg Judäa und Jerusalem,Tempelschätze und Schätze des Königs wurden nach Babel gebracht, Jerusalem und der Tempel niedergebrannt, viele Menschen getötet oder als Sklaven verschleppt.
Eine total hoffnungslose Situation. Und die Israeliten interpretierten die Ereignisse so: Wir sind selber schuld, wir haben uns selbst dahin gebracht. Wir sind nicht nur vom Glauben abgefallen, wir haben Gott verlacht, verhöhnt, die heiligen Orte entweiht.
Was ist Wesentlich?
Aber Gott läßt sein Volk nicht im Stich. Gott ist treu. Das sehen wir auch am Beispiel des Volkes Israel.
„Das Land bekam seine Sabbate ersetzt“, heißt es in der Lesung des 2. Chronikbuches. Es lag während der ganzen siebzig Jahre brach, in denen ein Teil des Volkes im Exil war.
Damit wird ein Gebot angesprochen, nachdem das Land nach sechs Jahren Landwirtschaft ein Jahr Sabbatruhe halten soll. (Lev 25/1-7)
Wie am Ruhetag Sabbat, an dem nicht gearbeitet werden soll.
Die Zeit des Exils wird also nicht nur eine schlimme Zeit angesehen, in der Not herrschte und die Menschen verzweifelt waren. Es war auch eine Zeit, in der die Menschen Zeit hatten, um nachzudenken, sich auf das wirklich Wesentliche besinnen. Und in einer Zeit, in der kein religiöses Leben wie gewohnt stattfindet, kann man sich auch deutlicher seiner Wurzeln bewusst werden.
Wer bin ich?
Wer will ich sein?
Was ist das Fundament meines Lebens?
Fragen, die zwar immer aktuell sind, die sich in einer Krise aber nicht so leicht an den Rand drängen lassen wie in sorglosen Zeiten.
Vielleicht erkennen wir auch in dieser jetzigen Zeit, was uns wirklich wichtig ist, worauf wir verzichten können, und was wir unbedingt erhalten wollen.
Wenn vieles wegbricht, was bisher getragen hat, kann man verzweifeln – und man kann sich aber auch auf das wirklich Wichtige besinnen. Und das, was sich dann als das wirklich Wichtige herauskristallisiert, hat dann besonderen und bleibenden Wert.
Klassischerweise ist die Fastenzeit ja die Zeit, in der wir Christen uns doch genau auf das besinnen sollen. Das Fasten ist auch so eine Übung auf diesem Weg. Mit weniger auskommen, ausprobieren, was wirklich entscheidend ist, und das Überflüssige weglassen. So können wir aus der Fastenzeit eine „Sabbat-Zeit“ für uns persönlich machen. Es kann eine sehr fruchtbare Zeit für uns werden. Für jeden einzelnen von uns, aber auch für uns Christen als Glaubensgemeinschaft insgesamt.
Gott befreit
Wir warten auf das wichtigste Fest der Christenheit: Ostern. Die Auferstehung Christi, die Erlösung, die Rettung.
Nutzen wir die verbleibende Fastenzeit, um uns Gottes Befreiungstaten zu erinnern.
Für die Israeliten kam die Rettung dann doch, und zwar von ganz unerwarteter Seite.
Der König Kyrus von Persien führte Krieg gegen Babylon und besetzte es. Er entließ die Israeliten aus der Sklaverei und hat sich von Gott beauftragt gesehen, den Tempel wieder aufzubauen. Gott hat diesen weltlichen Herrscher, so deuteten es die Israeliten, zur Befreiung seines Volkes instrumentalisiert. Für sie war er ein Werkzeug Gottes, er selbst hat das wahrscheinlich nicht so wahrgenommen. Der Prophet Jesaja bezeichnet Kyrus sogar als „Messias“, den Gesalbten.Die Zeit der Not war jedenfalls vorbei.
Gott will auch uns retten. Er hat uns als freie Menschen erschaffen. Lassen wir nicht zu, daß die Finsternis über uns Macht gewinnt. Strecken wir uns nach Gott aus. Er meint es gut mit uns.